kleines Glaubensbrevier

Bernd Loh­se

Geist­li­ches Tun bleibt Geschenk

Die fol­gen­den Sät­ze über Beten, Pil­gern und Glau­ben sind Anre­gun­gen, kei­ne Geset­ze, Ange­bo­te aber kein Zwang. Selbst­dis­zi­plin ist ein gro­ßer Schatz, aber kein Selbst­zweck. Auch in spi­ri­tu­el­len Din­gen sind Frei­heit, Leich­tig­keit und Humor hilf­rei­che Beglei­ter auf dem Weg in die Tiefe.

Beten:

  1. Nimm dir eine ein­fa­che Übung für jeden Tag vor: z.B. in Ruhe einen Psalm laut oder lei­se lesen oder die Losun­gen lesen und beden­ken, das reicht völ­lig für den Ein­stieg. Spä­ter kön­nen die Tex­te eines Bibel­le­se­plans gele­sen werden.
  2. Sor­ge dafür, dass dich nie­mand stört, schal­te Tele­fon und ande­re Stör­quel­len aus.
  3. Sieh zu, dass du dei­ne täg­li­che Gebets­zeit ein­hältst. Ein fes­ter Zeit­punkt im Tages­lauf, ein fes­ter Ort und klei­ne Ritua­le (Durch­at­men, Kreuz­zei­chen o.ä.) kön­nen helfen.
  4. Mach dich nicht abhän­gig von dei­nen Stim­mun­gen. Suche dir recht­zei­tig vor­her geeig­ne­te Tex­te aus und blei­be bei dem Aus­ge­wähl­ten. Gebe­te, Bibel­tex­te, Psal­men kön­nen ein hilf­rei­cher Kon­trast zu unse­ren Stim­mun­gen sein. Wenn du dir kei­nen Text aus­ge­sucht hast, kannst du fünf Minu­ten schwei­gen und ein Vater Unser beten.
  5. Sit­ze bequem, so dass der Atem flie­ßen kann und set­ze dich mit nichts unter Druck. Nie­mand erwar­tet etwas oder beur­teilt dich. Du brauchst nur da sein.
  6. Wenn du magst, kannst du dir eine eige­ne Lit­ur­gie aus­den­ken: einen Ablauf für dein Gebet. Ver­trau­te Abläu­fe ent­las­ten und unter­stüt­zen. Sei sanft mit dir selbst: wenn eine Gebets­zeit miss­lingt oder unpas­send war, dann nimm es mit Humor. Gelas­sen­heit ist Frucht des Gebe­tes, und ein Feh­ler, die Chan­ce Unwahr­haf­ti­ges zu erkennen.
  7. Been­de dei­ne Gebets­zeit mit einem Ritus: Ver­beu­gung, Kreuz­zei­chen, eine Schluss­for­mel… du fin­dest das, was zu dir passt.

Glau­ben:

  1. Glau­ben ist kei­ne Leis­tung, son­dern ein Geschenk, das du schon emp­fan­gen hast.
  2. Zwei­fel ist die klei­ne Schwes­ter des Glau­bens und muss nicht bedroh­lich sein. Fra­gen und Zwei­fel sind eine Gele­gen­heit, im Glau­ben vor­an zu kom­men, so wie ein stei­ler Weg berg­auf müh­sam ist, aber meis­tens groß­ar­ti­ge Aus­bli­cke mit sich bringt.
  3. Nie­mand glaubt allein. Im Glau­ben gehö­ren wir immer schon mit ande­ren Men­schen zusam­men, auch wenn wir sie gar nicht kennen.
  4. Glau­ben ist kein Besit­zen, son­dern ein Wer­den, kein Haben, son­dern ein Sein.
  5. Glau­ben braucht Gespräch: such dir Men­schen, mit denen du dich über dei­ne Glau­bens­fra­gen aus­tau­schen kannst. Ein guter Ort für Glau­bens­ge­spräch ist eine Gemein­de. Hier fin­dest du (hof­fent­lich) ande­re Suchen­de und Neu­gie­ri­ge. Und viel­leicht passt dei­ne Ant­wort auf die Fra­ge eines ande­ren und umgekehrt.
  6. Glau­ben ist etwas Inti­mes. Du bist ver­letz­bar, wenn du von dei­nem Glau­ben sprichst und wenn du dei­nen Glau­ben lebst. Ande­ren kann das alles sehr fremd sein. Des­halb mache dich erst ver­traut, mit wem du über dei­ne inne­ren Fra­gen spre­chen möchtest.
  7. Glau­ben braucht Wahr­haf­tig­keit. Auf­ge­setz­te Fröm­mig­keit stößt eher ab, weil sie unecht wirkt. Freund­lich­keit,  Humor und Gelas­sen­heit sind gute Früch­te des Glaubens.

Pil­gern:

  1. Fan­ge klein an. Geist­li­che und kör­per­li­che Über­for­de­rung kann in Ent­täu­schung umschlagen.
  2. Such das Gespräch mit erfah­re­nen Pil­gern, wenn du eine gro­ße Pil­ger­wan­de­rung planst. Ihre Erfah­rung kann dir hel­fen, unsin­ni­ge Feh­ler zu ver­mei­den. Sin­ni­ge Feh­ler musst du selbst machen.
  3. Redu­zier dich. Beschrän­ke dich auf das Wesent­li­che. Du wirst stau­nen, wie wenig du brauchst. Lee­re Sei­ten. Hab ein Buch mit lee­ren Sei­ten dabei, in das du dei­ne Gedan­ken, Gebe­te und Erfah­run­gen notie­ren kannst. Du wirst staunen.
  4. Ler­ne ein paar Lie­der aus­wen­dig für unter­wegs und hab ein Heft mit Psal­men dabei. Bewähr­te Tex­te befrei­en vom Druck der schöp­fe­ri­schen Ori­gi­na­li­tät und ver­bin­den dich mit Pil­gern vor dir.
  5. Bist du Suchender/Suchende? Wen oder was suchst du? Gott sagt: ich habe dich gefun­den! Gott ist es, der dich gesucht hat. Du gehst immer schon als Gefundene/r.
  6. Ent­de­cke die Lang­sam­keit. Die Din­ge wer­den nicht bes­ser, wenn du sie schnell machst und die Wege kannst du erst genie­ßen, wenn dei­ne Augen schwei­fen kön­nen, dei­ne Ohren weg­hö­ren und dei­ne Nase hin rie­chen darf. Bleib hin und wie­der ste­hen, um zu schme­cken, wo du gera­de bist, inner­lich wie äußerlich.
  7. Komm lang­sam an. Umrun­de das Pil­ger­ziel min­des­tens ein­mal. Gehe Schritt für Schritt und dann stel­le dei­nen Ruck­sack ab, wasch dich, iss und schlaf gut und betre­te das Hei­lig­tum am nächs­ten Morgen.

Ein­lei­tung zum Ing­na­tia­ni­schen Tagesrückblick

Am Ende eines Tages tut es gut, sich einen Moment Zeit zu neh­men, um den ver­gan­ge­nen Tag zu betrach­ten. In der klös­ter­li­chen Tra­di­ti­on ist dar­aus eine Übung gewor­den, wie z.B. die Tages­rück­schau nach Igna­ti­us von Loyo­la, dem Begrün­der des Jesui­ten-Ordens. Ein Tages­rück­blick soll hel­fen, Kör­per und See­le in Ein­klang zu brin­gen und den Tag bewusst zu been­den, um offen zu wer­den für die „unbe­schrie­be­ne“ Ruhe der Nacht. Wich­tig ist, von Bewer­tun­gen abzu­se­hen und sich auf die­se Wei­se in Distanz zu den Ereig­nis­sen des Tages zu gehen, den guten wie den schlechten.